(Photo: fehmern.com)
An der Südspitze von Lolland in Dänemark liegt die kleine Hafenstadt Rødby — ein Ort, den viele vielleicht nur mit Fähren und schnellen Abreisen Richtung Kontinent verbinden. Für mich war Rødby lange einfach eine Durchgangsstation, ein Ort, den ich ohne große Beachtung passierte.
Rødby – vom Transit zur Entdeckung
Historisch gesehen war Rødby, dessen Ursprüngen bis ins Mittelalter zurückreichen, ein geschäftiger Hafen. Im 19. Jahrhundert wuchs die Stadt durch Torfabbau und Landwirtschaft, aber erst mit der Fährverbindung Rødby–Puttgarden im Jahr 1963 wurde Rødby zu einem modernen Tor zwischen Skandinavien und Europa.
Für mich war Rødby immer nur ein Transit-Hafen. Entweder unterwegs mit Waren in einem Sattelzug oder auf dem Weg zu einem Haustauschurlaub in der Schweiz, Großbritannien oder Frankreich. Immer im Stress, die Fähre zu erreichen oder schnell weiterzukommen. Anhalten? Kam nie in Frage. Bis jetzt.

Diesmal war Rødby tatsächlich das Ziel. Ein besonderer EarthCache lockte mich hierher — ein Geocache, der dazu einlädt, etwas über Geologie und Geschichte zu lernen. Er führte mich zu zwei riesigen, uralten Gneisblöcken, die während der Bauarbeiten für den neuen Tunnel aus dem Meeresboden geborgen wurden. Ein eindrucksvolles Zeugnis der Erdgeschichte. Und ein wichtiges Denkmal für die Zukunft. Es ist großartig, dass sie nicht zerstört, sondern für Bildungszwecke bewahrt wurden.
Der Aussichtspunkt Pilen
Nur einen Cache zu suchen lohnt sich selten — der EarthCache führte mich auch zum Aussichtspunkt Pilen. Mit leicht zittrigen Knien, einem flauen Gefühl im Magen und einer Plattform, die sich unter mir bewegte — aber zum Glück mit stabilen Geländern — stand ich dort im Wind und Licht des Fehmarnbelts und konnte das Ausmaß dessen, was hier entsteht, wirklich erfassen: Eine Ingenieursleistung von seltener Größe, im engen Einklang mit den Naturkräften.

Geocaching machte aus einem geplanten Kurzstopp mehrere Stunden voller Entdeckungen und spannender Erkenntnisse über den neuen Verkehrskorridor. Ich habe auf dieser kleinen Tour viel gelernt. Hier eine Zusammenfassung meiner Eindrücke.
Die Vogelzugroute – ein natürlicher Korridor
Die Vogelfluglinie erhielt ihren Namen von den Millionen Zugvögeln, die jedes Jahr zwischen Skandinavien und Mitteleuropa reisen und dabei direkt über den Fehmarnbelt fliegen. Für diese Vögel ist die Region ein lebenswichtiger Rastplatz. Viele der Zugvögel, die ich zu Hause in Harstad beobachte, legen hier eine Pause ein. Der Erhalt dieses Gebiets ist für ganz Skandinavien von großer Bedeutung.
Bei Megaprojekten wie dem Fehmarnbelt-Tunnel ist es umso wichtiger, diese natürliche Verbindung zu schützen. Weitere Informationen zu den Umweltmaßnahmen finden Sie hier.
Der Bau des Fehmarnbelt-Tunnels
Der Fehmarnbelt-Tunnel wird der längste Absenktunnel der Welt für Autos und Züge mit einer Länge von 18,2 Kilometern.
Autofahrer werden etwa 10 Minuten für die Überquerung benötigen.
Bahnreisende etwa 7 Minuten.
In Rødbyhavn entsteht derzeit eine riesige Fertigungsanlage für Betonelemente — kolossale Module, die bald im Meeresboden versenkt werden sollen. Die beiden alten Gneisblöcke, die ich durch den EarthCache entdeckte, sind ein direktes Symbol für die Herausforderungen, die überwunden werden mussten.
Schutz von Natur und Zugrouten
Das Tunnelprojekt wird mit großer Rücksicht auf die Umwelt umgesetzt:
Umweltschonendes Baggern zum Schutz des Meeresbodens.
Geräuscharme Technik zum Schutz von Schweinswalen und anderen Meerestieren.
Künstliche Riffe und Wiederherstellung von Feuchtgebieten zum Ersatz verlorener Lebensräume.
Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit Naturschutzorganisationen.
Rødby und Europas neue Verbindung
Mit der Eröffnung des Tunnels im Jahr 2029 wird sich die Reisezeit zwischen Kopenhagen und Hamburg von 4,5 auf nur 2,5 Stunden per Bahn verkürzen. Der Tunnel wird ein wichtiger Bestandteil des ScanMed-Korridors — der großen Verkehrsachse zwischen Skandinavien und dem Mittelmeer.

Für Rødby bedeutet das:
Neue Arbeitsplätze in Logistik, Verkehr und Tourismus.
Einen wirtschaftlichen Aufschwung für Lolland.
Bessere Anbindung an die Metropolen Europas.
Und für die Vögel? Ihre uralte Route über den Fehmarnbelt wird erhalten bleiben — frei, ungestört und sicher. Genau so, wie es die Natur vorgesehen hat.